Gilbert Collé

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Magisterarbeit

Die Schulanfangsphase in Berlin — Die Einführung des jahrgangsübergreifenden Lernens an den Berliner Grundschulen

Mit der Ein­füh­rung des jahr­gangs­über­grei­fen­den Ler­nens (JüL) an den Ber­li­ner Grund­schu­len ist die alte reform­päd­ago­gi­sche Idee des jahr­gangs­ge­misch­ten Unter­richts neu ent­deckt wor­den. Ver­bun­den mit einem frü­he­ren Ein­schu­lungs­zeit­punkt soll­ten durch die Ein­rich­tung einer fle­xi­blen Schul­an­fangs­pha­se mit JüL die unter­schied­li­chen Ein­gangs­vor­aus­set­zun­gen der Kin­der am Beginn ihrer Schul­lauf­bahn bes­ser auf­ge­fan­gen werden.

Doch obwohl die päd­ago­gi­schen Vor­tei­le des Kon­zep­tes unter Päd­ago­gen und Bil­dungs­for­schern kaum umstrit­ten waren, ist die Ein­füh­rung an den Ber­li­ner Grund­schu­len nicht gera­de eine Erfolgs­ge­schich­te gewor­den. Im Schul­jahr 2006/07, in dem die Jahr­gangs­mi­schung flä­chen­de­ckend ein­ge­führt sein soll­te, hatte tat­säch­lich nur knapp ein Fünf­tel der Schu­len den jahr­gangs­ge­misch­ten Unter­richt ein­ge­führt. Obwohl die Quote bis zum Schul­jahr 2010/2011 auf ca. 90% stieg, wuchs in die­ser Zeit auch der Pro­test von Schu­len, Eltern­ver­tre­tun­gen und Oppo­si­ti­ons­par­tei­en gegen die ver­pflich­ten­de Ein­füh­rung. 2011 hob der Ber­li­ner Senat die Ver­pflich­tung der Schu­len zur ver­bind­li­chen Ein­füh­rung von JüL auf. In den fol­gen­den bei­den Schul­jah­ren ent­schie­den sich 83 der Ber­li­ner Grund­schu­len dafür JüL wie­der abzu­schaf­fen. Im Schul­jahr 2013/14  hatte damit knapp ein Drit­tel der Ber­li­ner Grund­schu­len vom jahr­gangs­über­grei­fen­den Ler­nen Abstand genommen.


 Fragestellung

In der Arbeit wer­den die Grün­de unter­sucht, die eine große Anzahl von Ber­li­ner Grund­schu­len dazu bewo­gen haben, die Jahr­gangs­mi­schung am Beginn der Grund­schul­zeit abzu­leh­nen. Ergän­zend dazu wird die in der öffent­li­chen Dis­kus­si­on häu­fig ver­tre­ten­de These unter­sucht, dass vor allem Schu­len mit einer schlech­ten sozi­al­struk­tu­rel­len Zusam­men­set­zung, also mit einem hohen Anteil an Schü­lern nicht­deut­scher Her­kunfts­spra­che und aus sozi­al schwa­chen und Fami­li­en, sich nicht in der Lage sahen, die Jahr­gangs­mi­schung in der Schul­an­fangs­pha­se umzusetzen.


 Methoden

Für die Ana­ly­se der Grün­de der Ableh­nung von JüL, wur­den mit der Inhalts­ana­ly­se nach May­ring — einer qua­li­ta­tiv-ana­ly­ti­schen For­schungs­me­tho­de — die Kon­zep­te unter­sucht, die Schu­len mit einer von JüL abwei­chen­de Orga­ni­sa­ti­on der Schul­an­fangs­pha­se bei der Senats­ver­wal­tung für Bil­dung vor­le­gen mussten.

Für die Über­prü­fung der These, dass vor allem sozi­al­struk­tu­rel­le  Fak­to­ren für die Ent­schei­dung der Schu­len für oder gegen JüL rele­vant waren, wur­den mit quan­ti­ta­tiv-ana­ly­ti­schen Ver­fah­ren Zusam­men­hän­ge zwi­schen Indi­ka­to­ren des sozia­len Sta­tus der Schü­ler­schaft und der Ent­schei­dung von Schu­len für oder gegen die jahr­gangs­ge­misch­te Orga­ni­sa­ti­on der Schul­an­fangs­pha­se untersucht.


 Ergebnisse

Zusam­men­ge­fasst zeich­nen die ana­ly­sier­ten Begrün­dun­gen fol­gen­des Bild der Ursa­chen, die dazu füh­ren, dass Schu­len sich von der jahr­gangs­be­zo­ge­nen Orga­ni­sa­ti­on der Schul­an­fangs­pha­se abwen­den: Wegen der – durch sozi­al­struk­tu­rel­le Aspek­te und durch das frühe Ein­schu­len beding­ten – über­gro­ßen Hete­ro­ge­ni­tät der jahr­gangs­über­grei­fen­den Lern­grup­pen, ist es mit den vor­han­de­nen päd­ago­gi­schen Res­sour­cen nicht mög­lich, im Unter­richt geeig­ne­te Lern­for­men ein­zu­set­zen um allen Schü­ler eine auf ihre indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­se zuge­schnit­te­ne För­de­rung in einem kon­ti­nu­ier­li­chen Lern­um­feld zu bieten.

Keine der in der Arbeit auf­ge­stell­ten Hypo­the­sen die bele­gen soll­ten, dass es Zusam­men­hän­ge zwi­schen einer schwie­ri­gen Sozi­al­struk­tur und der Ent­schei­dung von Grund­schu­len gegen die Orga­ni­sa­ti­on der Schul­an­fangs­pha­se mit JüL gibt, konn­te durch die Ana­ly­se bestä­tigt wer­den. Wo Kor­re­la­tio­nen zwi­schen der Sozi­al­struk­tur und der Orga­ni­sa­ti­ons­form der Schul­an­fangs­pha­se auf­tra­ten, wie­sen sie eher in die ande­re Rich­tung, waren dabei jedoch so schwach, dass keine all­ge­mein­gül­ti­gen Aus­sa­gen dazu gemacht wer­den kön­nen. Die in der Öffent­lich­keit häu­fig ver­tre­te­ne These, dass vor allem Schu­len die mit einer schwie­ri­gen Schü­ler­kli­en­tel über­for­dert sind, die Schul­an­fangs­pha­se jahr­gangs­be­zo­gen orga­ni­sie­ren, konn­te so wider­legt werden.


 Download

Die voll­stän­di­ge Arbeit kann hier her­un­ter­ge­la­den werden.

 

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